Veröffentlicht am März 11, 2024

Die Identifizierung einer Porzellanmarke ist keine reine Suche, sondern eine detektivische Untersuchung, die den wahren Wert und die Geschichte eines Objekts enthüllt.

  • Die Bodenmarke ist ein „Fingerabdruck der Geschichte“, der Auskunft über Herkunft, Alter und sogar die Qualität (z. B. 1. oder 2. Wahl) gibt.
  • Fälschungen lassen sich oft durch systematische Prüfungen von Haptik, Farbe und unsichtbaren Zeichen wie Blindstempeln entlarven.

Empfehlung: Betrachten Sie jede Marke als einen zu lösenden Fall. Nutzen Sie die hier vorgestellten Methoden und Ressourcen, um vom reinen Sammler zum Marken-Detektiv zu werden.

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Flohmarkt in Deutschland. Zwischen altem Trödel und vergessenen Schätzen entdecken Sie eine filigrane Porzellantasse. Auf der Unterseite prangt eine kleine, kryptische Marke. Ein Gefühl der Aufregung macht sich breit: Ist das ein unentdeckter Schatz oder nur eine hübsche Nachahmung? Für ambitionierte Sammler ist dies der Moment, in dem die Jagd beginnt. Viele greifen dann schnell zum Smartphone und suchen in Online-Datenbanken nach einem passenden Bild – ein guter erster Schritt, der aber oft nur an der Oberfläche kratzt.

Die gängigen Ratschläge beschränken sich meist auf das reine Abgleichen von Symbolen. Man lernt, die gekreuzten Schwerter von Meißen oder das Zepter der KPM Berlin zu erkennen. Doch was, wenn die Marke abweicht, unleserlich ist oder bewusst in die Irre führen soll? Was, wenn die entscheidenden Hinweise gar nicht in der sichtbaren Marke, sondern in unsichtbaren Prägungen oder winzigen Details daneben liegen? Die wahre Meisterschaft liegt nicht im bloßen Wiedererkennen, sondern im Verstehen der verborgenen Sprache, die jede Manufaktur über Jahrhunderte entwickelt hat.

Doch was wäre, wenn die eigentliche Kunst nicht darin bestünde, eine Marke zu finden, sondern sie wie ein Detektiv zu lesen? Dieser Artikel verfolgt genau diesen Ansatz. Wir werden die Marke nicht als Logo betrachten, sondern als einen „Fingerabdruck der Geschichte“. Sie ist eine verschlüsselte Botschaft, die weit mehr verrät als nur den Namen des Herstellers. Sie erzählt von der Epoche, der Qualität des Stücks und den subtilen Tricks der Fälscher. Es ist an der Zeit, die Lupe eines Gutachters aufzusetzen und die Geheimnisse zu entschlüsseln, die andere Sammler übersehen.

Wir beginnen unsere Untersuchung bei den legendären deutschen Manufakturen, lernen dann die Feinheiten ihrer Markensprache zu deuten und rüsten uns mit den besten Werkzeugen für unsere Ermittlungen aus. Anschließend widmen wir uns der Forensik von Fälschungen, bevor wir unsere Fähigkeiten auf andere Sammelgebiete wie Silber und allgemeine Kunstwerke ausweiten. Dieser Guide ist Ihre Ausbildung zum Marken-Detektiv.

KPM, Meißen, Nymphenburg: Die Geschichte der großen deutschen Porzellan-Manufakturen

Jede detektivische Untersuchung beginnt mit dem Kontext. Um eine Marke zu verstehen, müssen wir die Geschichte ihrer Schöpfer kennen. In Deutschland bilden drei große Namen das Fundament der europäischen Porzellankunst: Meißen, die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) Berlin und Nymphenburg. Ihre Gründung im 18. Jahrhundert war nicht nur ein künstlerischer, sondern auch ein politischer Akt, ein Wettstreit der Fürsten um das „weiße Gold“. Die 1710 gegründete Manufaktur Meißen war die erste ihrer Art in Europa und setzte mit den ikonischen gekreuzten blauen Schwertern einen Standard, der bis heute nachgeahmt wird.

Die Geschichte dieser Manufakturen ist eine Chronik von Innovation, Rivalität und Perfektion. Friedrich der Große gründete 1763 die KPM in Berlin und übernahm nicht nur die Manufaktur, sondern auch talentierte Arbeiter aus dem von ihm besetzten Meißen. Sein königliches Zepter wurde zum Symbol für höchste Qualität. In Bayern etablierte sich die Manufaktur Nymphenburg (gegründet 1747) mit ihrem Rautenschild als Zeichen für künstlerische Avantgarde. Diese Marken waren von Anfang an mehr als nur Herstellernachweise; sie waren Gütesiegel, geschützt und streng kontrolliert, um den Ruf und den Wert des Porzellans zu sichern.

Das Verständnis dieser Ursprünge ist für den Sammler von entscheidender Bedeutung. Denn mithilfe der Marke lässt sich der Zeitrahmen bestimmen, in dem das Porzellan gefertigt wurde. Älteres Porzellan besitzt oftmals eine höhere historische Bedeutung und damit einen größeren Sammlerwert. Die Kenntnis der wichtigsten deutschen Manufakturen ist daher der erste Schritt auf dem Weg zum Experten.

  • Meißen (1710): Älteste Porzellanmanufaktur Deutschlands mit den berühmten gekreuzten Schwertern.
  • KPM Berlin (1763): Königliche Porzellan-Manufaktur, deren Markenzeichen das kobaltblaue Zepter ist.
  • Nymphenburg (1747): Bayerische Manufaktur, erkennbar am eingepressten Rautenschild.
  • Fürstenberg (1747): Niedersächsische Manufaktur, die seit 1753 das blaue „F“ als Marke führt.
  • Wallendorf (1764): Thüringer Manufaktur, deren „W“-Marke in frühen Jahren oft bewusst den Meißner Schwertern ähnelte.

Die Sprache des Porzellans: Das bedeuten die Bodenmarken von Meißen, KPM & Co

Eine Bodenmarke ist weit mehr als nur ein Name. Sie ist ein komplexes Zeichensystem, das über Herkunft, Alter, Maler und vor allem die Qualität Auskunft gibt. Ein geschulter Blick kann hier Informationen „lesen“, die den Wert eines Objekts dramatisch beeinflussen. Eines der wichtigsten, aber oft übersehenen Details ist der sogenannte Schleifstrich. Dieser kleine, in die Glasur geritzte Strich signalisiert, dass es sich um „zweite Wahl“ handelt – also ein Stück mit kleinen, oft unsichtbaren Fehlern. Ein solcher Strich kann den Wert erheblich mindern.

Laut Expertenschätzungen kann ein Schleifstrich zu einem Wertverlust von 30 bis 50 % führen. Die Position und Anzahl der Striche ist dabei von Manufaktur zu Manufaktur unterschiedlich und folgt einem strengen internen Code. Für den Marken-Detektiv ist das Wissen um diese Codes bares Geld wert. Während ein Laie ein Stück von KPM oder Meißen feiert, erkennt der Kenner am Schleifstrich sofort die geminderte Qualität.

Der folgende Vergleich zeigt, wie die führenden deutschen Manufakturen ihre zweite Wahl kennzeichnen. Diese Details sind oft nur Millimeter groß, haben aber eine enorme Auswirkung auf die Bewertung, wie eine aktuelle Analyse der Porzellanbörse alteserien.de unterstreicht.

Schleifstrich-Positionen bei deutschen Top-Manufakturen
Manufaktur Position des Schleifstrichs Bedeutung
Meißen Durch die Schwerter, darüber oder darunter Zweite Wahl
KPM Berlin Oberhalb oder durch die Zeptermarke B-Ware
Rosenthal Unterhalb des Schriftzugs Zweite Qualität
Royal Copenhagen Über den drei Wellen oder kreuzend Zweite Wahl

Neben dem Schleifstrich gibt es weitere Zeichen wie Malernummern, Jahreszeichen oder spezielle Symbole für bestimmte Editionen. Jedes Element ist ein Puzzleteil. Die Fähigkeit, diese Sprache zu entziffern, trennt den Amateur vom Experten und schützt vor teuren Fehlkäufen.

Die Marken-Bibel: Die besten Bücher und Online-Ressourcen zur Identifizierung von Porzellanmarken

Jeder Detektiv braucht ein gutes Archiv. Für den Porzellan-Sammler besteht dieses aus spezialisierten Nachschlagewerken und umfassenden Online-Datenbanken. Die schiere Menge an Marken, Varianten und Fälschungen macht es unmöglich, alles im Kopf zu behalten. Eine verlässliche „Marken-Bibel“ ist daher das wichtigste Werkzeug für eine erfolgreiche Identifizierung. Während gedruckte Kompendien wie der „Roentgen“ über Jahrzehnte der Goldstandard waren, bieten digitale Ressourcen heute unschätzbare Vorteile wie schnelle Suchfunktionen und riesige Bildarchive.

Weitwinkelaufnahme eines Antiquariats mit alten Porzellan-Nachschlagewerken und einem Sammler beim Studium

Die digitale Recherche ermöglicht es, auch mit unvollständigen Informationen zu arbeiten. Eine besonders nützliche Methode ist die visuelle Suche. Selbst wenn ein Stempel schlecht lesbar oder teilweise abgerieben ist, kann man durch den Vergleich mit Bildern ähnlicher Marken oft die richtige Manufaktur ermitteln. Wie die Redaktion von Hausjournal.net hervorhebt, ist eine bestimmte deutsche Ressource hierbei führend:

Die sammler.com Porzellandatenbank ist mit über 2000 Marken die umfassendste kostenlose Online-Ressource für deutsche Porzellanmarken.

– Hausjournal Redaktion, Hausjournal.net Ratgeber

Die Kombination aus digitalen und analogen Quellen ist oft der Schlüssel zum Erfolg. Ein gutes Fachbuch bietet kuratiertes Wissen und historischen Kontext, während eine Online-Datenbank schnellen Zugriff auf Tausende von Vergleichsbeispielen ermöglicht.

Fallbeispiel: Erfolgreiche Identifikation durch Online-Bildersuche

Ein Sammler findet eine Vase mit einer blauen Marke, die vage an die Meißner Schwerter erinnert, aber undeutlich und verschwommen ist. Eine Textsuche bleibt erfolglos. Durch die Nutzung der Bildersuchfunktion auf sammler.com kann er jedoch visuell nach Marken mit gekreuzten Linien filtern. Nach einigem Scrollen entdeckt er die Marke der Thüringer Manufaktur Wallendorf, die in bestimmten Epochen bewusst die Meißner Marke imitierte. Diese Art der Suche ist zwar relativ aufwendig, kann Ihnen jedoch bei schlechter Stempelqualität helfen, die richtige Porzellanmarke herauszufinden und eine wertvolle historische Kopie von einer plumpen Fälschung zu unterscheiden.

Gefälschte Marke, falscher Schatz: Woran Sie nachgemachte Porzellanmarken erkennen

Wo hoher Wert im Spiel ist, sind Fälscher nicht weit. Die Erkennung einer gefälschten Porzellanmarke ist die Königsdisziplin der Marken-Forensik. Fälscher konzentrieren sich oft nur auf das visuelle Erscheinungsbild der Marke und vernachlässigen dabei subtile, aber verräterische Details in Material und Anbringung. Ein echter Kenner verlässt sich daher nie nur auf das, was er sieht, sondern bezieht alle Sinne in seine Untersuchung mit ein. Die Haptik, der Klang und sogar die Lichtdurchlässigkeit des Materials sind wichtige Indizien im Kampf gegen Betrug.

Besonders aufschlussreich ist die Unterscheidung zwischen Marken, die unter der Glasur („Unterglasurmarke“) und solchen, die auf der Glasur („Aufglasurmarke“) angebracht wurden. Echte Manufakturmarken aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind fast immer Unterglasurmarken. Das bedeutet, die Marke wurde auf den Scherben aufgetragen und dann mit diesem überglasiert und gebrannt. Sie ist untrennbar mit dem Stück verbunden und liegt geschützt unter einer Glasschicht. Viele Fälschungen sind hingegen simple Aufglasur-Stempel, die sich erhaben anfühlen und manchmal sogar abkratzen lassen.

Historische Nachahmungen stellen eine besondere Herausforderung dar. Einige Manufakturen, wie Wallendorf oder Limbach, ahmten schon im 18. Jahrhundert die begehrten Meißner Schwerter nach. Ein bekanntes Beispiel ist die Wallendorfer Marke von 1764-1778, deren ineinander verschobenes „W“ den Schwertern täuschend ähnlich sieht. Diese Stücke sind keine wertlosen Fälschungen, sondern eigenständige historische Sammlerstücke, die jedoch korrekt identifiziert werden müssen, um ihren Wert richtig einzuschätzen.

Aktionsplan: So stellen Sie Fälschungen auf den Prüfstand

  1. Taktile Prüfung: Fahren Sie mit dem Finger über das Porzellan-Zeichen. Echte Unterglasurmarken sind nicht fühlbar. Ist die Marke erhaben und spürbar, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung. Auch Stempel, die sich mit dem Fingernagel ankratzen lassen, sind ein klares Warnsignal.
  2. Farbprüfung: Echte, alte Unterglasurmarken sind überwiegend in Kobaltblau oder seltener in Grün gehalten. Andere Farben kamen erst später auf. Besonders kreative oder bunte Farbgebungen bei Marken, die alt wirken sollen, sind ein starker Hinweis auf gefälschtes Porzellan.
  3. Lichttest: Halten Sie das Stück gegen eine starke Lichtquelle. Echtes Hartporzellan ist leicht lichtdurchlässig (transluzent), während einfache Keramik oder Steingut völlig opak ist. Dieser Test hilft, das Grundmaterial zu beurteilen.
  4. Vergleich mit Originalen: Suchen Sie in Ihrer Markenfibel oder einer Online-Datenbank nach einem gesicherten Original der vermuteten Marke. Vergleichen Sie jedes Detail: die Dicke der Linien, die Abstände, die genaue Form. Selbst kleinste Abweichungen können eine Fälschung entlarven.
  5. Expertenrat einholen: Wenn nach all diesen Prüfungen noch Zweifel bestehen, ist der Gang zu einem vereidigten Gutachter oder einem spezialisierten Auktionshaus der sicherste Weg. Deren geschultes Auge erkennt oft Details, die dem Laien verborgen bleiben.

Die unsichtbaren Zeichen: Was Blindstempel und Formnummern über Ihr Porzellan verraten

Die auffälligste Marke in leuchtendem Blau ist oft nur die halbe Wahrheit. Viele der wichtigsten Hinweise sind fast unsichtbar: eingepresste oder eingeritzte Zeichen, die nur im richtigen Licht sichtbar werden. Diese sogenannten Blindstempel, Pressmarken oder Ritzmarken sind für den Marken-Detektiv von unschätzbarem Wert. Da sie vor dem ersten Brand in die noch weiche Porzellanmasse eingebracht werden, sind sie extrem schwer zu fälschen. Ein nachträglich hinzugefügter Blindstempel ist praktisch unmöglich.

Diese unsichtbaren Zeichen verraten oft mehr als die gemalte Marke. Sie können Aufschluss geben über:

  • Das genaue Herstellungsjahr: Viele Manufakturen, wie KPM oder Nymphenburg, nutzten Jahreszeichen oder Symbole, die in die Masse gepresst wurden.
  • Die Formnummer: Eine Zahl, die auf das spezifische Modell oder Design des Stücks verweist (z. B. eine bestimmte Tassenform).
  • Den Modelleur oder Dreher: Manchmal verewigte sich der Handwerker mit einem persönlichen Zeichen.

Um diese Marken zu finden, muss man das Objekt kippen und im Streiflicht betrachten. Eine kleine Taschenlampe, flach über die Oberfläche gehalten, lässt die feinen Vertiefungen als Schatten hervortreten.

Makroaufnahme eines Blindstempels auf Porzellan im Streiflicht

Die Untersuchung dieser subtilen Markierungen ist ein entscheidender Schritt in der Echtheitsprüfung. Während eine gemalte Marke imitiert werden kann, ist die Kombination aus korrekter Unterglasurmarke und passendem, authentischem Blindstempel ein starkes Indiz für ein Original.

Fallbeispiel: Die Bedeutung der Pressmarken bei der Datierung

Ein Sammler besitzt einen Teller mit der blauen Zeptermarke der KPM Berlin. Er möchte wissen, aus welchem Jahr das Stück genau stammt. Im Streiflicht entdeckt er neben dem Zepter einen kleinen, eingepressten Reichsapfel. Ein Blick in ein KPM-Nachschlagewerk verrät: Der Reichsapfel wurde als Pressmarke verwendet, um Stücke zu kennzeichnen, die für den königlichen Hof bestimmt waren. Eine zusätzliche Ritzmarke „III“ verweist auf den spezifischen Dreher. Diese vor dem Brand angebrachten Marken sind nicht nur schwerer zu fälschen als aufgemalte Marken, sondern geben auch entscheidende Hinweise auf die Authentizität und die exklusive Herkunft des Stücks.

Gefälschte Signatur, echter Schaden: Woran Sie Fälschungen auf Kunstwerken erkennen

Das Problem der Fälschungen ist so alt wie der Kunstmarkt selbst. Es beschränkt sich keineswegs auf Porzellan. Von antiken Skulpturen über Gemälde alter Meister bis hin zu modernen Designobjekten – sobald ein Objekt begehrt und wertvoll ist, wird es kopiert und gefälscht. Die kriminelle Energie, die dahintersteckt, ist enorm und verursacht jedes Jahr Schäden in Millionenhöhe. Um das Ausmaß zu verdeutlichen, kann ein Blick auf einen anderen Fälschungsbereich in Deutschland helfen: aktuelle Zahlen der Bundesbank zeigen, dass allein im Jahr 2023 durch rund 56.600 gefälschte Banknoten ein Schaden von 5,1 Millionen Euro entstand. Diese Zahl illustriert die Professionalität und den industriellen Maßstab, mit dem Fälscher heute agieren.

Im Kunstbereich sind die Methoden ähnlich perfide. Signaturen werden kopiert, Materialien künstlich gealtert und erfundene Provenienzen (Besitzergeschichten) erstellt, um Käufer zu täuschen. Wie bei Porzellanmarken ist auch bei Signaturen auf Gemälden oder Grafiken die Untersuchung der Details entscheidend. Ein Fälscher mag die Form einer Signatur kopieren können, aber selten den Duktus – den individuellen, flüssigen Schwung der Hand des Künstlers. Eine kopierte Signatur wirkt oft zögerlich, steif oder unterbrochen.

Die Geschichte der Fälschung ist eine Geschichte des ständigen Wettrüstens zwischen Fälschern und Experten. Kaum war eine neue Technik oder ein begehrter Stil etabliert, traten auch schon die ersten Nachahmer auf den Plan. Dieser Grundsatz gilt universell für alle Bereiche des Sammelns.

Man muss davon ausgehen, dass bereits unmittelbar nach dem gelungenen Versuch von Johann Friedrich Böttger, Porzellan herzustellen, die Nachahmungen und Fälschungen starteten.

– Sammeln-Sammler.de, Ratgeber für Porzellansammler

Die Lektion für den Sammler ist klar: Skepsis ist die erste Pflicht. Jedes Objekt, egal ob Porzellan, Gemälde oder Silber, muss einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Die Prinzipien der Marken-Forensik – genaue Beobachtung, Materialprüfung und Vergleich mit gesicherten Originalen – sind universell anwendbar.

Die Echtheit von Silberstempeln und Punzen überprüfen

Die detektivische Spurensuche weitet sich nun auf ein anderes edles Material aus: Silber. Ähnlich wie Porzellan trägt auch wertvolles Silber eine eigene, streng regulierte Zeichensprache in Form von Stempeln oder Punzen. Diese kleinen eingeschlagenen Marken sind der „Personalausweis“ eines Silberobjekts und geben Auskunft über seinen Feingehalt, seinen Herkunftsort und seinen Hersteller. Die Prinzipien der Untersuchung sind dabei denen des Porzellans sehr ähnlich: Es geht darum, eine kodierte Sprache zu entziffern.

In Deutschland ist das System besonders klar geregelt. Seit 1888 ist der „Halbmond und die Krone“ das reichseinheitliche Symbol für Silber. Dieses Zeichen garantiert jedoch nicht, wie oft fälschlich angenommen, dass es sich um massives Sterlingsilber handelt. Es bestätigt lediglich, dass das Objekt aus Silber besteht. Daneben ist eine Zahl eingeschlagen, die den Feingehalt in Tausendteilen angibt. Die häufigsten Werte sind „800“ oder „925“. „925“ bedeutet, dass das Stück zu 92,5 % aus reinem Silber besteht und entspricht dem internationalen Standard für Sterlingsilber.

Zusätzlich zu diesen nationalen Stempeln findet man oft noch eine Meister- oder Manufakturmarke. Dies kann ein Kürzel, ein Name oder ein Symbol sein und ist die eigentliche Signatur des Herstellers. Gerade bei älterem Silber aus der Zeit vor 1888 kommt zudem noch der Stadtstempel (Beschaumarke) hinzu, der den Herstellungsort garantiert. Die Entschlüsselung dieser Kombination aus Feingehaltsstempel, Meistermarke und eventuell Stadtstempel ermöglicht eine präzise Zuordnung und Datierung. Fälschungen sind auch hier verbreitet, erkennen sich aber oft an unscharfen, unklaren oder unlogischen Stempelkombinationen. Ein geschultes Auge kann hier, genau wie beim Porzellan, Wahrheit von Täuschung unterscheiden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Marke ist ein historischer Fingerabdruck, der weit mehr als nur den Hersteller enthüllt – sie codiert Alter, Qualität und Herkunft.
  • Systematische Analyse ist der Schlüssel: Eine Kombination aus visueller, taktiler und vergleichender Prüfung entlarvt die meisten Fälschungen und historischen Nachahmungen.
  • Die zuverlässigsten Hinweise sind oft unsichtbar. Unsichtbare Zeichen wie Blindstempel und Formnummern sind extrem schwer zu fälschen und liefern entscheidende Beweise für die Echtheit.

Die Jagd nach dem Original: Wie Experten die Echtheit wertvoller Sammlerstücke prüfen

Die bisher beschriebenen Methoden bilden das Rüstzeug des ambitionierten Sammlers. Doch es gibt Fälle, in denen selbst das geschulteste Auge an seine Grenzen stößt. Bei extrem wertvollen oder umstrittenen Objekten beginnt die Arbeit der professionellen Gutachter und Wissenschaftler. Sie setzen Methoden ein, die über die reine visuelle Analyse weit hinausgehen und tief in die materielle Substanz eines Objekts eindringen. Diese Fachleute verfügen über tiefgehende Fachkenntnisse und können Echtheit, Zustand, kunsthistorische Details und besondere Merkmale analysieren.

Die Expertenprüfung kombiniert jahrzehntelange Erfahrung mit modernster Technologie. Stilkritische Analyse, bei der ein Experte den Pinselstrich eines Malers oder die Formgebung eines Modelleurs mit unzähligen gesicherten Werken vergleicht, ist dabei nur der Anfang. Hinzu kommen materialwissenschaftliche Untersuchungen, die keinen Raum für Zweifel lassen.

Diese Fachleute verfügen über tiefgehende Fachkenntnisse und können Echtheit, Zustand, kunsthistorische Details und besondere Merkmale analysieren.

– Hausjournal.net, Ratgeber Porzellanbestimmung

Eine der faszinierendsten Methoden zur Altersbestimmung von Keramik und Porzellan ist der Thermolumineszenz-Test. Er macht sich zunutze, dass gebrannter Ton über die Jahrhunderte natürliche Umgebungsstrahlung speichert. Im Labor wird eine winzige Probe des Objekts erhitzt, wobei die gespeicherte Energie als Lichtblitz freigesetzt wird. Die Stärke dieses Blitzes erlaubt es, präzise zu berechnen, wann das Objekt das letzte Mal gebrannt wurde – und entlarvt so jede moderne Fälschung, die als „antik“ verkauft wird.

Fallbeispiel: Der wissenschaftliche Thermolumineszenz-Test

Ein Auktionshaus erhält eine chinesische Vase, die angeblich aus der Ming-Dynastie (1368–1644) stammt und einen Wert von mehreren hunderttausend Euro hätte. Die Marke und der Stil scheinen perfekt zu sein, doch ein Experte hegt Zweifel an der Textur der Glasur. Ein Thermolumineszenz-Test wird angeordnet. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Vase wurde um 1920 gebrannt. Es handelt sich um eine exzellente Kopie aus der chinesischen Republikzeit, wertvoll, aber bei weitem nicht so kostbar wie ein Original aus der Ming-Zeit. Der wissenschaftliche Test hat einen potenziellen Millionenschaden verhindert.

Die Zusammenarbeit mit Experten ist kein Zeichen von Schwäche, sondern der letzte, entscheidende Schritt in der professionellen Jagd nach dem Original. Die Kenntnis der Methoden von Experten rundet das Profil eines jeden ernsthaften Sammlers ab.

Sie haben nun das Handwerkszeug, um sich selbst auf die Spurensuche zu begeben. Jeder Flohmarkt, jede Online-Auktion wird zu einem potenziellen Tatort, an dem Sie Ihr neu erworbenes Wissen anwenden können. Beginnen Sie Ihre eigene detektivische Ermittlung und lüften Sie die Geheimnisse, die in Ihren Sammlerstücken verborgen sind.

Geschrieben von Elena Brandt, Elena Brandt ist seit über einem Jahrzehnt als Expertin in einem führenden deutschen Auktionshaus tätig und kennt die Mechanismen des internationalen Kunstmarktes wie kaum eine andere. Ihre Spezialgebiete sind die Preisbildung bei Auktionen sowie die strategische Beratung für Käufer und Verkäufer.