Veröffentlicht am März 11, 2024

Sie haben eine faszinierende antike Uhr geerbt, stehen aber vor einem Rätsel, was ihren wahren Wert ausmacht? Dieser Leitfaden führt Sie über oberflächliche Merkmale wie Marke und Material hinaus. Er lehrt Sie, die Uhr als mechanische Biografie zu lesen – ihre Handwerkskunst, ihre Gebrauchsspuren und ihre Restaurierungsgeschichte zu entschlüsseln, um so ihren einzigartigen Charakter und Wert zu verstehen.

Das leise Ticken einer alten Uhr ist wie ein Flüstern aus einer anderen Zeit. Vielleicht liegt sie vor Ihnen, ein Erbstück vom Großvater, eine Taschenuhr aus einem Nachlass, deren goldenes Gehäuse kühl in Ihrer Hand liegt. Die Faszination ist unmittelbar: die feinen Zeiger, das kunstvolle Zifferblatt, die Ahnung einer komplexen Mechanik im Inneren. Doch mit der Faszination kommt die Unsicherheit. Ist dieses Stück wertvoll? Ist es ein seltenes Sammlerstück oder nur ein sentimentaler Schatz? Viele Ratgeber reduzieren diese Frage auf eine simple Checkliste von bekannten Marken oder den reinen Materialwert.

Doch was, wenn der wahre Wert nicht nur im Namen auf dem Zifferblatt oder dem Goldgehalt liegt? Was, wenn die eigentliche Kunst darin besteht, die Geschichte zu lesen, die jede Uhr in sich trägt? Die feinen Kratzer, die Patina auf den Zeigern, eine kaum sichtbare Reparatur am Uhrwerk – all das sind keine Makel, sondern Kapitel in der mechanischen Biografie des Zeitmessers. Ein geschultes Auge erkennt darin die Signatur des Uhrmachers, die Spuren eines bewegten Lebens und die Qualität einer längst vergangenen Epoche. Dieser Ansatz verwandelt die Bewertung von einer reinen Preisschätzung in eine faszinierende Entdeckungsreise.

Dieser Artikel ist Ihr Kompendium, Ihr persönlicher Uhrmacherkurs. Wir werden nicht nur Marken aufzählen, sondern Ihnen beibringen, die Handwerkskunst zu erkennen. Wir werden das Uhrwerk zerlegen – nicht mit Werkzeug, sondern mit Wissen – und Ihnen zeigen, wie Sie den Zustand, die Originalität und die verborgenen Details bewerten, die für einen Laien unsichtbar bleiben. Sie lernen, die Sprache der Zeitmesser zu verstehen und den wahren Charakter Ihres Erbstücks zu würdigen.

Um diesen komplexen Prozess zu meistern, gliedert sich unser Leitfaden in klar definierte Etappen. Die folgende Übersicht führt Sie von den Grundlagen der Anatomie einer Uhr bis hin zur fachkundigen Bewertung durch Experten und hilft Ihnen, Schritt für Schritt zum Kenner zu werden.

Die Anatomie einer antiken Uhr: Was Sammler wissen müssen

Bevor wir uns dem Wert einer Uhr nähern, müssen wir ihre Sprache lernen. Jede antike Uhr ist ein Mikrokosmos aus Gehäuse, Zifferblatt, Zeigern und dem Herzstück, dem Uhrwerk. Diese Komponenten bilden ihre Originalitäts-DNA. Ein erfahrener Sammler prüft zunächst, ob diese Teile zusammengehören und aus der gleichen Epoche stammen. Achten Sie auf den Herstellernamen und eine eventuelle Referenznummer auf dem Zifferblatt und dem Gehäuseboden. Ein stimmiges Gesamtbild ist das erste Indiz für ein authentisches Stück. Abweichungen, wie etwa modernere Zeiger auf einem alten Zifferblatt, können auf spätere Reparaturen oder „Verbastelungen“ hindeuten, die den Wert erheblich mindern.

Das Uhrwerk selbst offenbart die wahre Handwerkskunst. In der deutschen Uhrmacherei ist beispielsweise die Glashütter Dreiviertelplatine ein ikonisches Merkmal höchster Qualität. Sie deckt, anders als bei Schweizer Werken üblich, den Großteil des Räderwerks ab und sorgt für eine enorme Stabilität. Die visuelle Inspektion solcher Details ist der erste Schritt zur Wertschätzung.

Detailaufnahme einer Glashütter Dreiviertelplatine mit Schwanenhals-Feinregulator

Diese Aufnahme zeigt die charakteristische Glashütter Dreiviertelplatine, verziert mit einem feinen Streifenschliff, gebläuten Schrauben und der filigranen Schwanenhals-Feinregulierung zur Justierung der Ganggenauigkeit. Solche Details sind eine handwerkliche Signatur, die Kenner sofort einer bestimmten Region und Qualitätsstufe zuordnen. Die folgende Checkliste hilft Ihnen, die ersten Schritte bei der Überprüfung der Originalität selbst durchzuführen.

Ihre erste Prüfung: Checkliste zur Originalität

  1. Hersteller und Referenz identifizieren: Suchen Sie nach Markierungen auf Zifferblatt, Gehäuserückseite und im Inneren des Deckels. Passen diese zusammen?
  2. Originalzustand bewerten: Untersuchen Sie Zifferblatt, Zeiger und Gehäuse. Eine gleichmäßige Patina oder leicht verblasste Ziffern können authentisch und wertsteigernd sein. Ungleichmäßige Alterung ist ein Warnsignal.
  3. Vorsicht vor „Verbesserungen“: Führen Sie keine Polituren oder Reinigungen selbst durch. Originale, unberührte Oberflächen und Teile sind oft wertvoller als ein glänzendes, aber verändertes Stück.
  4. Behutsamkeit beim Aufziehen: Ein Uhrwerk, das jahrzehntelang stillstand, ist trocken. Gewalt beim Aufziehen kann Zahnräder oder Zapfen beschädigen. Drehen Sie die Krone nur wenige Male und mit äußerster Vorsicht.
  5. Expertenrat einholen: Wenn Sie unsicher sind, ist der Rat eines Uhrmachers oder Sachverständigen unerlässlich, bevor Sie weitere Schritte unternehmen.

Das Ticken der Zeit: Eine Anleitung zur Bewertung des Zustands antiker Uhren

Der Zustand einer Uhr ist mehr als die Frage, ob sie läuft. Es geht darum, die Zeitspuren zu lesen, die Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinterlassen haben. Beginnen wir mit dem Gehäuse. Suchen Sie nach tiefen Kratzern, Dellen oder Anzeichen für übermäßiges Polieren. Ein Gehäuse, das zu stark poliert wurde, verliert seine scharfen Kanten und seine ursprüngliche Form – ein erheblicher Wertverlust. Feine, oberflächliche Tragespuren hingegen sind Teil der Geschichte und werden von Sammlern oft geschätzt. Bei Goldgehäusen sind die Punzen (Stempel) entscheidend, die Auskunft über den Feingehalt und den Hersteller geben. Sind diese noch klar lesbar?

Das Zifferblatt ist das Gesicht der Uhr. Hier sind Risse (bei Emaille-Zifferblättern), Verfärbungen durch Feuchtigkeit oder abblätternde Farbe die häufigsten Probleme. Ein makelloses Original-Zifferblatt ist der Idealfall. Aber auch eine gleichmäßige, leichte Verfärbung, die sogenannte Patina, kann den Charme und den Wert einer Vintage-Uhr steigern, da sie ihre Authentizität beweist. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen charmanter Alterung und tatsächlichem Schaden. Flecken oder ungleichmäßige Verfärbungen deuten oft auf Wasserschäden hin und sind fast immer wertmindernd.

Werfen Sie zuletzt einen genauen Blick auf die Zeiger und das Uhrenglas. Sind die Zeiger original? Passen sie stilistisch zur Epoche und zum Zifferblatt? Oftmals wurden Zeiger im Laufe der Zeit ersetzt. Das Uhrenglas ist häufig aus Acryl (Plexiglas) und kann Kratzer aufweisen, die sich aber meist leicht polieren lassen. Ein stark zerkratztes oder gesprungenes Glas sollte ersetzt werden, ist aber für die Bewertung zunächst von untergeordneter Bedeutung, solange das Zifferblatt darunter unbeschädigt ist.

Glashütte, Schaffhausen, Le Sentier: Die großen Namen der Uhrmachergeschichte und ihre Marken

Der Name auf dem Zifferblatt ist zweifellos ein entscheidender Wertfaktor. Doch hinter Marken wie Patek Philippe, A. Lange & Söhne oder IWC Schaffhausen verbergen sich ganze Dynastien und Philosophien der Uhrmacherkunst. Für den deutschen Markt ist die Geschichte von Glashütte in Sachsen von besonderer Bedeutung. Einst das Zentrum deutscher Präzisionsuhrmacherei, wurde die Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg in den VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) zusammengefasst. Modelle aus dieser Zeit, wie die „Spezimatic“, erzählen ein einzigartiges Stück deutscher Geschichte.

Die schiere Menge der damals produzierten Uhren ist beeindruckend und erklärt, warum heute noch viele dieser Zeitmesser zu finden sind. So belegen Produktionszahlen, dass allein von 1965 bis 1979 rund 3,7 Millionen Exemplare der GUB Spezimatic gefertigt wurden. Diese Uhren waren robust und für den Alltag konzipiert, was ihre heutige Verfügbarkeit erklärt. Ihr Wert liegt weniger in der Seltenheit als in ihrem gut erhaltenen Originalzustand und ihrer historischen Einordnung.

Der Fall der Mauer markierte eine dramatische Wende für die Glashütter Industrie. Der Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft war brutal und führte beinahe zum vollständigen Zusammenbruch, wie ein Zitat aus dem Watch.de Magazin eindrücklich belegt.

Von über 2.000 Mitarbeitenden im Jahr 1989 blieben 1994 nur noch 73 übrig.

– watch.de Magazin, Von GUB zu Glashütte Original: Die Erfolgsstory aus Sachsen

Aus dieser Asche erstanden jedoch neue und wiederbelebte Manufakturen wie A. Lange & Söhne und Glashütte Original, die heute wieder an der Weltspitze stehen. Eine Uhr aus Glashütte kann also sowohl ein Massenprodukt aus der DDR-Zeit als auch ein hochkomplexes Meisterwerk der Haute Horlogerie sein. Den Unterschied zu kennen, ist für die Bewertung unerlässlich.

Mehr als nur die Zeit anzeigen: Der Wert von Komplikationen bei antiken Uhren

Eine Uhr, die mehr kann als nur Stunden, Minuten und Sekunden anzuzeigen, besitzt eine sogenannte Komplikation. Diese Zusatzfunktionen sind ein Gradmesser für die technische Raffinesse und den handwerklichen Aufwand, der in einem Uhrwerk steckt. Je komplexer und seltener die Komplikation, desto höher ist in der Regel der Sammlerwert. Zu den bekanntesten Komplikationen gehören der Chronograph (Stoppuhrfunktion), der Ewige Kalender (der bis zum Jahr 2100 ohne Korrektur auskommt) und die Mondphasenanzeige.

Diese Mechanismen bestehen aus hunderten filigranen Hebeln, Federn und Rädern, die auf engstem Raum perfekt zusammenspielen müssen. Ihre Herstellung und Justierung erfordert ein Höchstmaß an uhrmacherischem Können. Ein einfacher Dreizeiger-Automat ist handwerklich nicht mit einem Schleppzeiger-Chronographen vergleichbar, der zwei Stoppzeiten gleichzeitig messen kann. Die Komplexität ist oft schon auf den ersten Blick durch die Anzahl der Drücker am Gehäuse und die Hilfszifferblätter (Totalisatoren) auf dem Hauptzifferblatt erkennbar.

Komplexes Chronographenwerk mit sichtbaren Hebeln und Rädern

Das Bild vermittelt einen Eindruck von der Dichte und Komplexität eines Chronographenwerks. Jedes Teil hat seine exakte Funktion. Für den deutschen Uhrenmarkt gibt es eine eigene Hierarchie an wertvollen Komplikationen, die oft mit der Militär- oder Technikgeschichte verbunden sind.

Bewertungshierarchie deutscher Uhrenkomplikationen

  1. Höchste Wertstufe (Meisterwerk): Schleppzeigerchronographen von A. Lange & Söhne. Sie repräsentieren die absolute Spitze der mechanischen Komplexität und Handwerkskunst.
  2. Hohe Wertstufe (Historische Relevanz): Fliegerchronographen mit „Tempostopp“ (Flyback-Funktion) von Hanhart oder Tutima aus den 1930er/40er Jahren. Ihre militärhistorische Bedeutung macht sie zu begehrten Sammlerstücken.
  3. Mittlere Wertstufe (Technische Innovation): Uhren mit Großdatum, eine Spezialität der Glashütter Schule nach der Wiedervereinigung. Diese Komplikation ist technisch anspruchsvoll und ästhetisch prägend.
  4. Basis-Wertstufe (Solide Technik): Einfache Chronographen von Herstellern wie Junghans. Sie wurden oft in großen Stückzahlen produziert, bieten aber eine robuste und zuverlässige mechanische Komplikation.

Die Rettung des Augenblicks: Die heikle Kunst der Uhren-Restaurierung

Die Frage „Soll ich die Uhr restaurieren lassen?“ ist eine der heikelsten. Eine unsachgemäße Restaurierung kann den Wert einer seltenen Uhr vernichten, während eine fachgerechte Revision ihn bewahren oder sogar steigern kann. Die oberste Regel lautet: Originalität vor Perfektion. Jede ersetzte Komponente, vom Zifferblatt bis zur kleinsten Schraube im Werk, muss als Verlust an Originalität betrachtet werden. Manchmal ist eine „Restaurierungs-Narbe“ in Form eines nicht-originalen Teils aber notwendig, um die Funktion zu erhalten. Die Dokumentation solcher Eingriffe ist entscheidend.

Ein klassisches Beispiel für Wertvernichtung sind ältere Rolex-Sportmodelle. Hier wurden bei offiziellen Revisionen oft die alten, gefalteten Stahlarmbänder gegen neuere, massivere Bänder getauscht. Was damals als Service galt, ist heute ein Malus, wie das folgende Fallbeispiel zeigt.

Fallbeispiel: Wertvernichtung durch Tausch des Originalarmbands

In den 1970er Jahren wurden bei Revisionen von Rolex Submariner-Uhren die originalen, eher einfachen Sportarmbänder oft routinemäßig ersetzt. Heutzutage sind jedoch genau diese unberührten Modelle mit dem ursprünglichen Armband extrem gesucht. Eine solche Rolex Submariner kann einen Mehrwert von 10.000 bis 20.000 Euro gegenüber einem identischen Modell mit einem später getauschten Service-Armband aufweisen. Der Austausch hat den Wert also nicht gesteigert, sondern nachhaltig gemindert.

Andererseits kann eine professionelle Restaurierung durch die Manufaktur selbst bei einer sehr hochwertigen, aber stark beschädigten Uhr den Wert retten. Dies ist jedoch extrem kostspielig und zeitintensiv. Ob sich eine solche Investition lohnt, hängt stark von der Marke und der Seltenheit des Modells ab. Einem deutschen Uhrenhändler zufolge ist die Dokumentation hierbei das A und O.

Die Standardfrage lautet: Ist die etwas wert? Originalrechnungen oder das Herstellungszertifikat sind extrem wichtig. Diese Belege sowie die Originalbox erhöhen meist den Wiederverkaufswert erheblich.

– Frank Miquel, Uhrenhändler aus Teuschnitz

Das Ticken der Zeit: Eine Anleitung zur Bewertung des Zustands antiker Uhren

Nachdem wir das Äußere betrachtet haben, wagen wir nun den Blick ins Herz der Uhr: das Uhrwerk oder Kaliber. Das Ticken selbst ist der erste Indikator. Klingt es gleichmäßig und gesund oder eher schleppend und unregelmäßig? Ein unsauberer Klang kann auf Verschleiß, Schmutz oder verharztes Öl hindeuten. Das Öffnen des Gehäusebodens sollte, wenn überhaupt, nur mit größter Vorsicht und dem richtigen Werkzeug geschehen, um Kratzer zu vermeiden. Idealerweise überlässt man dies einem Fachmann.

Ist das Werk sichtbar, achten Sie auf den allgemeinen Sauberkeitszustand. Suchen Sie nach Anzeichen von Rost oder Korrosion, besonders an den Stahlteilen und Schraubenköpfen. Dies ist oft ein Zeichen für einen früheren Wasserschaden und ein ernsthaftes Warnsignal. Unterscheiden Sie zwischen der goldenen oder silbernen Farbe der Platinen (Messing, Neusilber) und dem bläulichen oder rötlichen Schimmer von Rost. Achten Sie auch auf „bunte“ Schrauben: Wenn einige Schraubenköpfe zerkratzt oder beschädigt sind, während andere makellos sind, deutet dies auf unsachgemäße Reparaturversuche hin.

Die Ganggenauigkeit ist ein weiteres wichtiges Kriterium, das von der Frequenz der Unruh abhängt, gemessen in Halbschwingungen pro Stunde (A/h). Ältere Uhren laufen oft mit 18.000 A/h, während modernere Werke mit 21.600 A/h oder 28.800 A/h (sogenannte „Schnellschwinger“) eine höhere Präzision erreichen. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die technischen Daten einiger relevanter deutscher Kaliber, die einen Einblick in die technische Entwicklung geben.

Ganggenauigkeit und Besonderheiten verschiedener deutscher Uhrenkaliber
Kaliber Hersteller Frequenz Besonderheit
GUB 70.1 Chronometer Glashütte 18.000 A/h Chronometer-Zertifikat nach DDR-Norm (Gütezeichen Q)
GUB 75 Spezimatic Glashütte 18.000 A/h Eines der meistgebauten Automatikwerke der DDR
GUB 11-26 Spezichron Glashütte 28.800 A/h Modernes Schnellschwinger-Werk für höhere Präzision
Junghans J88 Junghans 18.000 A/h Robustes Handaufzugs-Chronographenwerk für die Bundeswehr

Diese Daten, die einer Analyse historischer Glashütter Werke entnommen sind, zeigen, dass selbst innerhalb eines Herstellers erhebliche technische Unterschiede bestehen. Ein seltenes Chronometer-Kaliber ist weitaus wertvoller als ein millionenfach produziertes Standardwerk.

Uhren als Wertanlage: Welche Marken und Modelle im Preis steigen

Nachdem wir die inneren und äußeren Werte einer Uhr analysiert haben, stellt sich die Frage nach dem monetären Potenzial. Nicht jede alte Uhr ist eine gute Wertanlage. Der Markt für Luxus- und Sammleruhren ist jedoch ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor. So zeigen aktuelle Marktanalysen ein Volumen von rund 45 Milliarden Euro für Luxusuhren im Jahr 2024, mit Prognosen, die bis 2050 auf über 100 Milliarden Euro ansteigen. Dieses Wachstum wird von einer kleinen Gruppe von Marken und Modellen angetrieben.

Die Schlüssel zur Wertsteigerung sind Markenbekanntheit, Seltenheit, Ikonen-Status und Originalzustand. Uhren von Patek Philippe, Audemars Piguet und vor allem Rolex dominieren den Sekundärmarkt. Bestimmte Modelle dieser Marken haben sich als extrem wertstabil oder sogar als hochprofitabel erwiesen. Ein Paradebeispiel ist die Rolex Daytona, deren Wertentwicklung die Mechanismen des Sammlermarktes perfekt illustriert.

Fallbeispiel Wertsteigerung: Die Rolex Daytona

Im Jahr 1995 konnte man eine Rolex Daytona Referenz 16520 für etwa 6.000 D-Mark erwerben. Zehn Jahre später, 2005, lag ihr Marktwert bereits bei ca. 9.000 Euro. Bis 2015 stieg der Preis auf 12.000 Euro, und im Jahr 2020 explodierte der Wert auf über 25.000 Euro. Das entspricht einer Wertsteigerung von über 400% in 25 Jahren. Diese Entwicklung wurde durch eine Kombination aus Markenprestige, begrenzter Produktion des verbauten Zenith-Uhrwerks und einer stetig steigenden Nachfrage angetrieben.

Neben den üblichen Verdächtigen gibt es jedoch auch Nischen. Bestimmte Militäruhren (z.B. von Hanhart oder IWC), frühe Chronographen oder Uhren mit besonderer Geschichte können ebenfalls erhebliche Wertsteigerungen erfahren. Der Schlüssel liegt darin, Trends zu erkennen und Qualität zu identifizieren, bevor es der breite Markt tut. Eine Investition sollte jedoch nie rein spekulativ sein. Die Faszination für die Technik und die Geschichte sollte immer im Vordergrund stehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Originalität ist entscheidend: Eine Uhr im unberührten Originalzustand ist fast immer wertvoller als ein perfekt restauriertes, aber nicht mehr authentisches Stück.
  • Handwerk vor Material: Die Komplexität des Uhrwerks und die Qualität der Verarbeitung (Komplikationen, Veredelungen) sind oft wichtigere Werttreiber als der reine Gold- oder Platinwert.
  • Kontext ist alles: Der Wert einer Uhr wird durch ihre Geschichte bestimmt. Die Marke, die Epoche, die Produktionsstückzahl und sogar die deutsche Teilung (z.B. bei GUB-Uhren) spielen eine entscheidende Rolle.

Die geheime Sprache der Antiquitäten: Wie Sachverständige Objekte prüfen

Sie haben Ihre Uhr nun nach bestem Wissen und Gewissen untersucht. Sie haben die Zeitspuren gelesen und die handwerkliche Signatur vielleicht schon erkannt. Doch für eine verbindliche Wertermittlung, sei es für die Versicherung, einen Verkauf oder einfach für Ihr eigenes Wissen, führt kein Weg an einem unabhängigen Sachverständigen vorbei. Ein Experte kann Details erkennen, die dem Laien verborgen bleiben. Er nutzt Lupen, Spezialwerkzeug und vor allem seine über Jahre aufgebaute Datenbank im Kopf.

Ein Gutachter prüft die Authentizität jeder einzelnen Komponente. Er kann erkennen, ob ein Zifferblatt nachgedruckt („refinished“), Zeiger ausgetauscht oder Teile des Werks durch nicht originale Komponenten ersetzt wurden. Er vergleicht die Seriennummer des Werks mit der des Gehäuses, um die „Matching Numbers“ zu bestätigen – ein wichtiges Echtheitsmerkmal. Seine Expertise schützt Sie vor kostspieligen Fehleinschätzungen und gibt Ihnen Sicherheit über den wahren Wert und Zustand Ihres Zeitmessers.

Die finale Bewertung ist immer auch eine Einschätzung des aktuellen Marktes. Ein Experte weiß, welche Modelle gerade gefragt sind und welche Preise für vergleichbare Stücke in Auktionen erzielt wurden. Seine Einschätzung ist daher eine Synthese aus technischer Analyse und Marktwissen. Wie der Experte Günter Eichberger treffend bemerkt, hängt der realisierbare Preis nicht nur vom Objekt selbst ab.

Für eine Uhr mit Potenzial braucht es potente Käufer.

– Günter Eichberger, Dorotheum Kunst Blog

Diese Aussage unterstreicht, dass der Wert einer Sammleruhr immer auch von der aktuellen Nachfrage bestimmt wird. Ein Experte hilft Ihnen, den perfekten Zeitpunkt und den richtigen Kanal für einen potenziellen Verkauf zu finden oder gibt Ihnen einfach die Gewissheit, einen Schatz zu besitzen, dessen Wert Sie nun kennen.

Die Konsultation eines Experten ist der letzte und wichtigste Schritt. Verstehen Sie, wie Sachverständige Objekte prüfen, um deren Expertise optimal nutzen zu können.

Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, ist der nächste logische Schritt die Einholung einer professionellen Expertise. So erhalten Sie eine verlässliche Grundlage für alle weiteren Überlegungen, sei es Verkauf, Versicherung oder die sorgsame Aufbewahrung für die nächste Generation.

Häufig gestellte Fragen zur Bewertung antiker Uhren

Wie funktioniert eine Online-Uhrenexpertise?

Für eine erste Einschätzung senden Sie in der Regel mindestens drei scharfe Fotos (Vorderseite, Rückseite, wenn möglich das Werk) und eine genaue Beschreibung an einen Online-Service. Ein Experte analysiert die Bilder und Informationen und erstellt innerhalb von typischerweise 48 Stunden eine Expertise, die eine Beschreibung, eine Werteinschätzung und oft auch eine Handlungsempfehlung enthält.

Worauf achten Experten bei der Bewertung besonders?

Ein Experte konzentriert sich auf die Authentizität und den Originalzustand. Er beurteilt die Qualität der Verarbeitung, die verwendeten Materialien (insbesondere bei Edelmetallen oder Edelsteinbesatz) und die Bedeutung der Marke. Zudem prüft er den technischen Zustand und kann feststellen, ob eine Revision notwendig ist, und gibt Ratschläge zur langfristigen Werterhaltung.

Warum sind gerade Taschenuhren bei Sammlern so beliebt?

Taschenuhren werden heute kaum noch in Serie produziert. Jeder Fund ist daher ein Stück abgeschlossener Technikgeschichte. Gerade gut erhaltene oder komplexe Exemplare aus renommierten Manufakturen sind auf dem Sammlermarkt sehr begehrt, da das Angebot naturgemäß begrenzt ist. Sie können daher, je nach Herkunft und Zustand, wahre Schätze sein.

Geschrieben von Markus Schreiber, Markus Schreiber ist ein passionierter Möbelrestaurator und Schreinermeister mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in seiner eigenen Werkstatt im süddeutschen Raum. Er hat sich auf die originalgetreue Wiederherstellung von Biedermeier- und Barockmöbeln unter Verwendung traditioneller Techniken spezialisiert.